Kai Pohl

RUINEN IM FRÜHLINGSLICHT

Ajona schmeckt wie Becherovka, Schweinehirn in Chengdu schmeckt wie Knochenmark in Pomerania, Schostakowitsch klingt wie eine Bomberstaffel im Anflug. Die Heuschrecken sehen aus wie Rosse, die zum Krieg gerüstet sind. Berlin sieht aus wie Kabul, London sieht aus wie Bagdad, Gary Busey sieht aus wie ein Wrack. FFM riecht nach Pisse und Stahl. Der Oldenburger Stadtpark sieht aus wie das Kontrollzentrum der NASA. Terezin sieht aus wie ein Kurort. Feiern, die aussehen wie in einem Film von Kusturica. Ein Mädchen, das lächelnd am Grab seiner Schwester steht. Igelfische, die wie Igel aussehen, Rochen wie Fledermäuse, Muränen wie Schlangen, Steinfische wie Steine. Die Hände meiner Mutter gleichen zwei roten verätzten Flossen. Bärlauch riecht wie Knoblauch, Rosmarin wie Feldsalat, Salbei riecht wie Wüste. Das Blütenmeer im Death Valley riecht wie Blumen, die den Kompost überwuchern. Du beugst dich über sie um sie zu küssen, doch ihr Haar riecht nach Tierkadaver. Männer, die wie Frauen aussehen, und Männer, die aussehen wie Frauen, die wie Männer aussehen. Mädchen, die aussehen wie Britney Spears. Hotte sieht aus wie Nicholas Cage. Bill sieht aus wie Nena auf Helium. George Lucas sieht aus wie eine Mischung aus Ferris MC und Uwe Ochsenknechts ältestem Sohn. Die MTV-Intendantin sieht aus wie Michael Jackson, Alyson Hannigan wie Shania Twain, Bonnie Tyler wie Sarah Connor und Sarah Connor sieht aus wie Marc Terenzi. Die Oberarme sehen aus wie Silikontitten, Bauch und Gesicht erinnern an den jungen Iggy Pop, der Meniskus sieht aus wie eine Vagina. Silvia Saints schlüpfrige Muschi und ihr herrlich enger Anus fühlen sich an wie echt. Nauplien sehen aus wie schwimmende Zecken, Spikulen wie Miniaturprotuberanzen, elliptische Galaxien wie dicke verschwommene Eier. Der Luxusvibrator fühlt sich an wie ein großer Penis mit Hoden, riecht nach Birne und sieht aus wie geleckt, wie die westdeutschen Innenstädte. Apartments aus einem schlechten Film, der dumpfe Aufschlag eines Körpers, das Quietschen der Räder auf den Gleisen. Die Aquariumbeleuchtung strahlt wie das Mondlicht.

Gestern habe ich eine Wolke mit dem Gesicht von Karen Bach gesehen. Ein Flugzeug raste hinein, darin ein Literaturprofessor aus Heidelberg – bewaffnet mit der Knarre von John Malkovich, der aussah wie der junge Alain Delon – sprang auf und brüllte: »Die Götter rauschen mit den Wolken! Vom Fest der Revolution trennt uns nur ein Schuß!«

Heft 6, September 2007