René Hamann



Kühe


unter Postkartensonne. Wenn es regnen würde

denken sie, gescannte Wiese, ein dürrer Baum.
Ein Zittern käme auf im Gras, die Luft

würde ergrauen, sie streckten sich, atmeten auf.


Die Karte teilt sich in Quadrate. Neben den

skizzierenden Studierenden leuchten fern

die Türme der Stadt. Halbdunkel durchfädetes

Licht, plätschernde Musik.


Die Studierenden schauen auf und ab.

Melodiös führen sie die Striche, die Weisen
im Takt der trampelnden, gezeichneten Kühe.



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Elemente



Schwappende Tage

in der niederländischen Stadt, aus der der Tabak kam.


Fehlerhafte Gänge in mächtige Restaurants.

Als fetter Elvis. Im Februar.


Gardinenlose Häuser, partikuläre Blicke

unter den Pergolen. Durchgezählte Körpernähte.


Ein Polster im Loch eines Vertrags zuhause, ein Fenster

zwischen zwei Terminen. Eine verwunschene, eine

verlorene Zeit. Scharf und abstehend


die Haare, etwas Fremdes wurde

reingeweht, eine Wölbung in der Zeitachse.


Ein Loch im Teich, auf dem eben noch

die Ente schwamm, steif im Nacken, mobil im Unterleib.


Ich kann nichts mehr essen, sagte das, aber ich

roch und folgte den Kochtopfträumen.



Trennendes



Fortan die Geschwindigkeit. Die Sonne

verbt, die Erde grünt, der Takt kreist

bei klarer Sicht. Aber es ist nicht alles so sanft


spricht ein Plakat es endlich aus. Und das

psychoanalytische Fahrrad gerät aus den Fugen.


In den Vorgärten sitzen die Übersetzer.

Ihr Teint behält die Farbe, nur die Lippen

verziehen sich zu einer Mundharmonikafiktion.


Ein Schatten legt Tusche auf, sich auf

ein Badetuch, der Strukturrasenmäher heult.

Die Übersetzer falten die Hände, der Glanz

der Speichen zieht vorbei, die Leichtigkeit


der Schönheit, und gebügelt sitzen wir

auf Kinderschaukeln und staunen nicht schlecht.






© René Hamann 2003/2009

Zuerst in: lauter Niemand Nr. 4, 2003.

Auch in: René Hamann, Neue Kokons, Lyrikedition 2000, München 2003.



René Hamann, geb. 1971 in Solingen, lebt als Schriftsteller und Journalist in Berlin. Zuletzt erschienen "Das Alphabet der Stadt", Verbrecher Verlag, und "Berge und Täler, davor Männer und Frauen", Gedichte, Gutleut Verlag.